Radtour

Ostwestfalen – von Marienfeld bis Stukenbrock

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Tourinfos

Orte
B Harsewinkel - Herzebrock - Marienfeld - Rheda-Wiedenbrück - Gütersloh - Verl - Stukenbrock

Ach, was war das schön die Tage! Ein lichtes Kiefernwäldchen mit Birken darin, Eichen säumen den Pfad. Spechte hämmern, ein Zitronenfalter flattert durch das Sonnenlicht, Hummelsummen. Der Weg führt an einer Pferdekoppel vorbei, Greifvögel lassen sich von der Thermik eines schönen Frühjahrstages treiben. Da ist sie schon, die Ems – zwanzig Schritte breit strömt sie nahe Harsewinkel über die Steine. Pappelreihen rauschen sanft im Wind.
Der Weg nach Marienfeld wird im Naturschutzgebiet Boomberge von Sanddünen gesäumt, die in der letzten Eiszeit abgelagert wurden. Unter dem lichten Kronendach der Kiefern stehen Eichen und Birken, Eberesche und Faulbaum, Heide gedeiht in Restbeständen und das seltene himmelblaue Sandglöckchen. Die Radtour macht hungrig und der Hof Kuhre mit seinem gut sortierten Hofladen ist nicht mehr weit. Bevor der Radwanderweg R1 links nach Marienfeld abknickt, lohnen die knapp 500 Meter nach rechts zum Hof Kuhre unbedingt: Proviant fassen.

Seit mehr als dreißig Jahren verkaufen sie hier kulinarische Köstlichkeiten. Herzebrocker Walnüsse füllen den Korb, eingelegte Kürbisse und Bärlauchgurken stehen im Regal, an der Theke machen Mettenden und Leberwurst, Knochenschinken und Heidefrühstück – all dies nach feiner handwerklicher Tradition – die Auswahl fällt schwer. Brot dazu verkauft Annette Kuhre dem hungrigen Reisenden natürlich auch. Sie steht gerade an der Schälmaschine und legt die weißen Stangen in das Gerät – in der Saison dreht sich hier fast alles um das königliche Gemüse: Den Spargel!

Doch nicht um den Weißen allein: Martin Kuhre fährt raus auf das Feld. Dort sprießen in der Frühlingssonne zaghaft erste Stängel aus der Erde – Grünspargel. Weil er oberirdisch wächst, bekommt dieser Spargel seine grüne Farbe. Kenner schätzen seinen herzhaften Geschmack. Und es werden offensichtlich immer mehr, in diesem Jahr hat Martin Kuhre ein weiteres Hektar mit Grünspargel bepflanzt. Der wird im Hofladen in 500-Gramm-Bunden verkauft und Annette Kuhre hat die passenden Rezepte dazu. Man kann ihn auch braten.
Passend mit Proviant und Ideen versorgt, geht es weiter auf der Radroute. In der alten Abtei des Klosters Marienfeld schmeckt ein selbstgebrautes Bier köstlich. Die Tour führt bald am Hühnermoor vorbei. Einem kleinen verwunschenen Stück Natur, wo über dunklem, unergründlichem Wasser Libellen sirren. Wollgras wippt im Wind. Von der Route lohnt unbedingt ein Abstecher Richtung Nord-Rheda, zum Hof Meloh. Vor allem, wenn das schöne Spargelzelt geöffnet hat und zum köstlichen, abwechslungsreichen Spargelbuffet lädt. Und das lohnt sich: Spargel, na klar, dazu Schinken und Schnitzel, Gratin und Rührei. Ein Gläschen Wein dazu oder ein frischgezapftes Pils? Kein Problem. Nach dem großen Erfolg in der vergangenen Saison lädt Familie Hollenbeck wieder ein – in das stilvoll geschmückte Zeltrestaurant.

Eine wunderschöne Eichenallee führt zum prachtvollen Hof Meloh im Rhedaer Norden. Manche der Hofeichen sind sicher dreihundert Jahre alt und älter. Wenn der Wind durch die Kronen streift und sein Lied singt, ist das allerfeinste westfälische Bauernhofidylle. Im Hofladen gibt es alles was der Feinschmecker für ein Spargelessen braucht. Auch hausgemachte Konfitüre für Zuhause, die passt noch ins Gepäck.

Im Nebenraum saust ein Kilo Spargel in wenigen Augenblicken durch die Schälmaschine, im Einkaufskorb eine Lage Schinken und ein Pfund Kartoffeln. So einfach ist das, so köstlich! Eines möchte Rainer Hollenbeck seinem Gast noch zeigen: Die Erdbeerkultur im Gewächshaus steht dort, dank ausgeklügeltem Versorgungssystem, in voller Pracht. Und dies in Schulterhöhe – auf dem Hof Meloh wachsen einem die Köstlichkeiten quasi in den Mund.
Nahe Gütersloh liegt der Spargelhof von Ulrich und Ulrike Schröder. Er ist mit dem Bulli unterwegs zu seinen Spargelkulturen im Rhedaer Forst. Die Sonne hat sich verzogen und der Wind frischt auf, rüttelt an den Folien. Zeitig aber schon konnten die Männer mit dem Stechmesser in die Kulturen ziehen.

Ulrich Schröder kontrolliert die Folientunnel, in denen in Gewächshauswärme unter schwarzen Folien die ersten Stangen an die Oberfläche drücken. Vorsichtig legt er eine Stange mit der Hand frei und sticht sie routiniert ab. Das Loch wird mit der Kelle gewissenhaft verfüllt – so geht sie, die Spargelernte. Erfahrene Erntehelfer schaffen rund zwanzig Kilo pro Stunde. Das entspricht knapp 400 Meter Damm.

Dabei hilft die „Spargel-Spinne“, ein selbstfahrender Apparat, der die Folie anhebt und den Leuten zumindest diese aufwändige Arbeit erspart. Mit ihren verschiedenen Folien können die Spargelproduzenten die Ernte ein wenig vom Wetter unabhängig steuern: Schwarze Plane absorbiert Wärme und lässt die Stangen darunter schneller reifen. Kulturen für später sind mit weißen Planen abgedeckt, diese reflektieren und lassen dem Spargel noch etwas Zeit.

Auf dem Hof rollen die ersten Kisten mit den weißen Stangen durch die Dusche. Nach dieser Vorreinigung warten 240 Kilo Spargel in der Wanne mit Eiswasser auf die Weiterverarbeitung. Nach dem maschinellen Sortieren bleibt gut die Hälfte davon für den Verkauf übrig. Rund um den Hof wachsen übrigens reihenweise Beeren – Erdbeeren, Himbeeren, Johannisbeeren, Blaubeeren. Eine schöne Ergänzung für den Proviantrucksack.
Durch einen lichten Laubwald geht es weiter Richtung Verl. Wildtauben fliegen aufgeschreckt davon. Der Ölbach rauscht an einer alten Wassermühle munter über das Wehr. Stille Stunden im Verler Land! Im Ortsteil Österwiehe macht sich Meister Vorbeck ans Werk. Nachts zwischen zwei und drei Uhr backt Josef Vorbeck seit vierzig Jahren in dem alten Steinbackofen seines kleinen, feinen Handwerksbetriebes den köstlichen Pumpernickel. Dieses saftig süße Brot ist die ideale Unterlage für hausgemachte Wust und Schinken. Roggenschrot und Rübensirup kommen in tiefer Nacht ins Rührwerk und bald in den heißen Ofen. Der hält die Wärme und der Pumpernickel gart dann hinter den schwarzen Klappen 16 bis 18 Stunden in den länglichen Aluformen. Diese kulinarische Köstlichkeit, diese alte handwerkliche Tradition, gehört zu Ostwestfalen unbedingt dazu. In den Geschäften in Verl zu kaufen und Platz im Rucksack ist auch noch. Lecker!

Am alten Kirchplatz von Verl steht eine feine Manufaktur. Nach einem guten Essen gehört im Verler Land eines dazu: Der „Schroedersche“, der Boonekamp – ein Magenbitter, produziert von Bruno Schroeder nach alter Väter Sitte. Die schwere Holztür geht auf, der Betrieb atmet Geschichte, es geht gemächlich zu, fast wie zu Opas Zeiten. Auch das Abfüllen ist reine Handarbeit. In den uralten Eichenfässern – ehemalige Weinfässer von der Mosel – steht der Bitter und kommt zur Ruhe. Reift heran, der unnachahmliche Geschmack rundet sich ab. Zeit ist genug. Zu den geheimnisvolle Zutaten zählen: Süßholz, Galgant, Zittwerwurzel, Aloe – 34 Kräuter, Früchte und Gewürze gehören hinein. Das alte Geheimrezept lagert sicher im Tresor. Seit mehr als 150 Jahren gehört hier das „Verler Heimatwasser“ gewiss dazu – probieren Sie ihn!

In Verl-Sende ist Willi Große Wächter auf dem Feld unterwegs. Und zwar langsam, ganz, ganz langsam. Er steuert den grünen Traktor mit atemberaubenden 0,5 Stundenkilometern über die neu anzulegende Spargelkultur. Hinter der Zugmaschine hängt die Pflanzmaschine. Sie pflügt einen Graben, zwei Mitarbeiter sitzen auf dem Gerät, vor sich die Kisten mit den Jungpflanzen, sie legen die Pflanzen auf einen Mechanismus. Der legt die Spargelpflanzen – vier pro Meter – in den Graben, danach wird automatisch Boden aufgetragen und sanft angedrückt. Nur eben sehr, sehr langsam.

In der Fahrerkabine läuft das Radio, der Wetterbericht, der ist ihm besonders wichtig. Der Trecker fährt den Acker rauf, den Acker runter. Und das zwingend genau geradeaus.
24 000 Pflanzen pro Hektar, dies heißt Arbeit bis Sonnenuntergang, und morgen ganz früh gleich wieder. Und dann muss er sich Gedanken machen, wie er die ersten Triebe vor gefräßigen Konkurrenten schützt – denn die Kaninchen die mögen das. Im Hofladen stehen schon die ersten Kisten mit den köstlichen Stangen. Neben dem Hofladen beliefert Willi Große Wächter auch Gasthäuser im Umland mit Spargel. Eines davon wird bald erreicht sein. Vorfreude!
Entlang des Ölbachs geht es durch den Holter Wald. Ein schöner Wald, mit altem Bestand. Hier darf der Bach fließen, wie er will, kurvt munter durch den Sand der Senne. Das Hämmern der Spechte ist zu hören. Der Wind kämmt die Kronen der Buchen und Eichen. Eisvögel sogar leben an diesem naturnahen Bach – dieser „fliegende Edelstein“ zischt mit durchdringendem Pfiff gleich blau wie ein Blitz über das Wasser, wie die Leute vom Naturschutz berichten. Glücklich schätzt sich, wer dies erleben darf! Die verlassenen Spechthöhlen in den Altholzbeständen nutzen andere Vögel – der Waldkauz beispielsweise oder Fledermäuse. Biotopvielfalt im Holter Wald, Heimat von bedrohten Arten. Die Sonne zaubert Lichtspiele in den Wald und wieder hämmert in der Ferne ein Specht. Und ob die „Tausendjährige Eiche“ tatsächlich so alt ist, darüber darf spekuliert werden.
Nach schöner und stiller Radtour durch Wald und Wiese, Feld und Flur wird schließlich Hövelhof-Riege erreicht. Hier wirkt Franz Spieker im gleichnamigen Gasthaus. Unbedingte Empfehlung: Einkehren! Der Küchenchef ist für außergewöhnlich gute Gerichte bekannt. Selbstverständlich gehört in der Saison Spargel aus der Region dazu. Franz Spieker legt Wert auf regionale Produkte – so kommt sein Spargel aus eben aus dem nahen Verl-Sende, von Große Wächter. Der Spargel aus der Senne, fein, mild und mit leichter Süße. Auf der Karte natürlich der Klassiker mit Kartoffeln und Schinken. Er verrät aber auch außergewöhnliche Rezepte: Zum Beispiel in einer Himbeer-Vinaigrette marinierten Spargel mit Erdbeeren oder Risotto mit Spargel und roh mariniertem Lachs. Und nach einem gutem Essen, ein Schluck „Verler Heimatwasser“. Köst-Lich! Wer mag kann bleiben, das Gasthaus Spieker hat auch schöne Gästezimmer.
In Stukenbrock gibt es den Spargel- und Erdbeerhof von Peter Aschof. Zehn Hektar Kultur bewirtschaftet er mit dem königlichen Gemüse. Die Saison beginnt und auch im Hofladen von Gaby Aschof gibt es viel zu tun. In den Regalen in der alten Deele stehen selbstgemachte Marmeladen, in der Theke Mettwurst und Schinken, Kundschaft holt sich Kartoffeln und das Schild. Ach, und das Schild muss an die Straße – jetzt geht es los!

Die karge Senne zeichnet vor allem der leichte Sandboden aus. Das ist für den Anbau von Spargel von erheblichem Vorteil. Dieser Boden, mit fast weißen Sand, erwärmt sich schnell. Und je schneller der Spargel ob der Wärme darin wachsen kann, desto zarter wird er schließlich. Hier im Bereich der Trockensenne optimale Vorrausetzung, auch wegen des nahen Grundwasserhorizontes. Der Wind frischt auf, Planen gleißen in der Sonne. Peter Aschof muss wieder los – es gibt viel zu tun. Es ist Spargelsaison in der Senne! Und die Leute warten schon.
Infos SPARGELTOUR OSTWESTFALEN

Diese Skizze dient der groben Orientierung und kann kein ordentliches Kartenmaterial und eigene Tourplanung ersetzen. Ideal ist eine Radwanderkarte im Maßstab 1:50.000. Gute Karten zeigen lokale Radwegenetze, mit denen beide beschriebene Touren in einer gemütlichen Tagesetappe, zum Beispiel von Hövelhof-Riege, verbunden werden können – als Alternative zum Endpunkt Detmold
Anreise über den Bahnhof in Beelen (rund 8 Kilometer bis Greffen zum R1) oder über Warendorf (rund 10 Kilometer bis Greffen). Bis auf kleine Abstecher zu den beschriebenen Höfen folgt diese Route dem ausgeschilderten Radwanderweg R1. Über Harsewinkel nach Marienfeld, vor Marienfeld an der L927 Straße den R1 rechts zum Hof Kuhre kurz verlassen. Auf dem R1 über Marienfeld Richtung Gütersloh.
Um den Hof Meloh zu besuchen, an der L788 rechts bis zur Emssiedlung fahren. Dort links abbiegen, dem Weg folgen, an einer Weggabelung rechts halten. Bald wird eine T-Kreuzung erreicht, dort rechts abbiegen. Diesem Weg über die Ems und der Umgehungsstraße (Brücke) bis zur L927 folgen. Dort links Richtung Hof Meloh (rund einen Kilometer). Insgesamt vom R1 zum Hof Meloh knapp sieben Kilometer. Gleiche Strecke zurück Richtung Gütersloh.
Wer in Gütersloh übernachten möchte, verlässt den R1 unmittelbar hinter dem Dalkebach (vor dem Klärwerk) und folgt einem anderen Radweg nach links in die Stadt (rund 3 Kilometer). Der Hof Schröder liegt auf der weiteren Route des R1 rund vierhundert Meter abseits des R1, an einem Abzweig auf der Kiebitzstraße bleiben und unter der Bahnüberführung hindurch fahren.
Dem R1 bis nach Verl folgen. Der Hof Große Wächter liegt im Ortsteil Sende, dazu dem Radweg an der L787 folgen (rund 3,5 Kilometer), der R1 knickt kurz hinter Verl am Ölbach ab. Ansonsten den R1 durch den Holter Wald und über Hövelhof-Riege folgen. Der Hof Aschof liegt rund drei Kilometer abseits der Route, dazu an der großen Straße L756 links Richtung Stukenbrock halten. Der R1 führt über Augustdorf weiter nach Detmold (Bahnhof), ins Lipperland mit seinen Attraktionen wie Externsteine, Hermannsdenkmal oder Adlerwarte Berlebeck.

Greffen bis Gütersloh Abzweig rund 30 Kilometer. Gütersloh Abzweig bis Verl rund 27 Kilometer. Verl bis Detmold rund 45 Kilometer. (alle Angaben für den R1, ohne Abstecher)
Alle Angaben ohne Gewähr.